Mittwoch, 9. Januar 2013

Nietzsche über Liebe und Macht

»Wir sind uns einmal im Leben so nahe gewesen, dass Nichts unsere Freundschaft und Bruderschaft mehr zu hemmen schien und nur noch ein kleiner Steg zwischen uns war. Indem du ihn eben betraten wolltest, fragte ich dich: ›willst du zu mir über den Steg?‹ – Aber da wolltest du nicht mehr; und als ich nochmals bat, schwiegst du. Seitdem sind Berge und reißende Ströme, und was nur trennt und fremd macht, zwischen uns geworfen, und wenn wir auch zueinander wollten, wir könnten es nicht mehr! Gedenkst du aber jetzt jenes kleinen Steges, so hast du nicht die Worte mehr, – nur noch Schluchzen und Verwunderung.«
Die fröhliche Wissenschaft, Erstes Buch, Abschnitt 16 (Auszug)
erstmals 1882
Ausgabe: Montinari (Hrsg.) dtv, 
München 1999. S. 388f.


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