Montag, 9. Juli 2012

Filmrezension "Fräulein Smillas Gespür für Schnee" (Schweden, 1997)



So. Irgendwie muss ich ja mal anfangen. Mit gestern abend am besten. Mit "Fräulein Smillas Gespür für Schnee". Entweder ist der Film schlecht gealtert oder er war nie gut. 1997 gemacht, wirkt er wie ein B-Bond aus den Achtzigern, die Bösewichte sind allesamt aus Papier, das Personal der Bösewichte stirbt gegen Ende munter und ohne wirklich bedrohlich gewirkt zu haben dahin, der angestrengt finster dreinblickende Gabriel Byrne taumelt schlaftrunken zwischen zwielichtig und larmoyant, die Primadonna aber wird von Julia Ormond gespielt und sieht dauernd wie aus dem Ei gepellt aus, mit schicken Fellkapuzenjacken. Schließlich geht es ja auch um Schnee und Grönland, da müssen schon alle solche Jacken anhaben, hat sich der Kostümmensch wohl gedacht. Kalt sieht es dennoch nie aus, eher sonnig und freundlich. Wie auch immer, dass sie eine Eskima (gibt es eine weibliche Form für Eskimo?) sein soll, glaubt auch nur der Drehbuchschreiber. Sie erinnert ungut an eine Sandra Bullock, wenn sie unispiriert aus der Wäsche guckt, wenn es eigentlich nachdenklich aussehen soll. Die Figur komplett unterentwickelt, irgendwie zornig, man weiß nur nicht worauf, irgendwie einsam, man fragt sich, ob da nie ein Mann war, der sich mal für sie interessiert hat. Egal, der süße Eskimobub wird gerächt, irgendwie, weil sie rausfindet, dass die bösen älteren Herren … ähm, ja was haben sie eigentlich getan? Einen vom Himmel gefallenen Meteor für sich beansprucht, der irgendwie ein praktischer Energieliferant ist, aber leider nebenbei auch irgendwelche bösen Würmer aus der Steinzeit reaktiviert, die sich im Wasser tummeln und einen befallen, wenn man darin baden geht. Klingt abenteuerlich. Ist aber hanebüchen. Und sterbenslangweilig. Einziger Lichtblick nebst dem wirklich sehr süßen armen Eskimobub, der das Bauernopfer (ein totes Kind! Dürfen die das?) geben muss, ist der noch knusprig junge Jürgen Vogel, mit oben noch mehr Haar und hinten sogar nackenlang (war Vokuhila 1997 nicht schon Schnee von vorgestern?), schön geseitenscheitelt und mit seeehr großer Zahnlücke. Den fetten deutschen Akzent hat er gut hinbekommen. Und er stirbt auch, nachdem er irgendwie verletzt wurde (wie, das hat man nur gehört, nicht gesehen). Klar. Deutsche sterben vorzugsweise, nur schon aus Gründen historischer Wiedergutmachung. Die letzten Minuten verstrichen ohne mich, es interessierte mich nicht, was sich zwischen dem lahmen Pärchen noch für ein Ende abspielte. Meine beiden Favoriten waren ja eh tot.
Ah ja, noch etwas. Gut, dass Tom Wilkinson (als Prof. Loyen) heute interessantere Drehbücher bekommt – er kann nämlich wirklich toll spielen, sogar in einem harmlosen und bedrohlich zur Langatmigkeit neigenden Feelgoodfilm wie The Best Exotic Marigold Hotel, (neu auf DVD), hier darf er leider gar nichts von seinem Können zeigen, die Kamera wurde einfach nie lange genug auf ihn gerichtet, damit er mal anfangen kann mit spielen, sie muss schnell wieder zurück zu Ormond und ihrer Mireille-Mathieu-Frisur. Schade um das verschleuderte Kapital an Schauspielkunst. Vermutlich ein weiteres Beispiel für den schönen Satz, wonach das Buch besser sei. Zu hoffen ist es. Aber lesen werde ich es trotzdem nicht. Die Sache mit den Würmern ist ein MacGuffin, den ich nicht übersehen kann.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen