Regie: Duncan Ward
mit Gilian Anderson, Alan Cumming, Heather Graham,
Danny Huston, Christopher Lee, Amanda Seyfried
Art:
»Let me show you something. It’s a masterpiece, absolutely priceless!«
Bob:
»Oh wow, wonderful. How much?«
Die
Kunstszene – ein Schauspiel. Nichts ist echt auf dieser Bühne, weder das
gewinnende Lachen des Maklers noch seine Versprechen, die Brüste der
Protagonistinnen sowieso nicht, aber auch nicht eine über Jahre währende
Freundschaft, und schon gar nicht die Liebe zur Kunst.
Kunst?
Sagte ich Liebe zur Kunst? In diesem Film bedeutet Kunstverständnis einzig und
allein, den Marktwert eines Kunstwerks beziffern zu können, vor allem die
Anzahl der Nullen. Das hilflose Bramarbasieren, mit dem sämtliche Beteiligte
über Kunst sprechen, falls sie sich dazu gezwungen sehen, spottet jeder
Beschreibung. Jeder, aber wirklich jeder kaschiert damit nur mühevoll, was alle
wissen. Es geht um etwas ganz anderes. Um Macht, um Geld, um Sex.
Der
einzige, von dem man glauben könnte, dass er Kunst wirklich liebt und versteht,
ist der vergreiste Besitzer des begehrten ersten Gemäldes von Piet Mondrians
Boogie-Woogie-Reihe, die dem Film seinen Titel leiht. Doch auch bei Alfred
Rhinegold (was für ein Name), verkörpert von Christopher Lee, beschränkt sich letztlich sein Interesse auf den Umstand, dass alle ihn um den Besitz des Mondrians beneiden, die dünne rührselige Geschichte, wie er das Objekt
der Begierde ein halbes Jahrhundert zuvor aus den Händen seines »Meisters«
erhielt, wirkt nur vorgeschoben. Der Rest ist Habenwollen.
Vor
knapp zwanzig Jahren knöpfte sich Robert Altman die Modeszene vor und hinterließ
nur rauchende Trümmer. Prêt-à-Porter ist eine gnadenlose
Abrechnung mit der Eitelkeit dieses Gewerbes, böse, lustig und mit jeder Menge
Zug. Er beschreibt den jährlichen Nahkampf zwischen eitlen Models,
narzisstischen Kreativen, devoten Assistentensklaven und armseligen
Journalisten, die an den Lippen ihrer ›Meister‹ hängen und um Worte betteln. Und
die Hauptstadt der Mode, mein vielgeliebtes Paris, kommt auch nicht gut weg:
unfreundlich, vollkommen überteuert, überall steht man in Hundekot und die berüchtigten
vertrockneten Dreiecksandwiches entpuppen sich als lebensgefährlich – good old Marcello
Mastroianni erstickt daran, ein erbärmlicher Tod.
Boogie Woogie tut dasselbe mit der Welt
des Kunsthandels wie Prêt-à-Porter mit der Modebranche, der
Ort des Geschehens ist London, allerdings tritt hier die Stadt kaum in
Erscheinung, der Film spielt fast ausschließlich in Büros, Ateliers und
Galerien. Was gibt es zu erzählen? Duncan Ward verbandelt dramaturgisch
geschickt eine kleine Anzahl von Protagonisten miteinander, die das ganze Elend
repräsentieren, das dieser Zirkus zu bieten hat.
Das
Epizentrum bildet ein Kunsthändler mit dem sprechenden Namen Art Spindle (Danny Huston). Er zieht die Fäden wie ein Feldherr auf dem Hügel, an seinem
Tropf hängen Käufer und Verkäufer sowie Leute, die hochkommen wollen, vornehmlich
katalogartige und karrierewillige Mädchen und verzweifelte Kunstagenten auf der Suche nach der großen
eigenen Ausstellung. Art strömt etwas Jupiterhaftes aus, seine Lache klingt wie
vom Band und ist jederzeit abrufbar. Nur in ganz seltenen Fällen verstummt es
kurz, danach dauert es einen Moment, bis er es wieder angeworfen hat, wie den Rotor
eines alten Propellerflugzeugs. Seine ewigen Rollkragen unter dem obligaten
Sakko in gedeckten Farben suggerieren eine Seriosität, der er nicht im
Entfernesten gerecht wird. Dass er sämtliche Klienten abzockt, ist eh klar. Und
kaum sitzt die blutjunge Paige (Amanda Seyfried) als
neue Sekretärin in seinem Sessel, findet er eine Gelegenheit, ihre zarten Knie und
einiges mehr zu befingern, natürlich nur, um ihre Blessur zu kurieren.
Sex ist wie Kunst die Währung, in der
zwischen den Protagonisten Macht verhandelt wird, davon erzählt der Film, der
bei aller Comedy den Stoff zum Drama hat und davon auch Gebrauch macht. Wie
in Schnitzers Reigen geht es zu und her: Arts
Freund Bob (Stellan Skarsgård) hat ein heimliches Verhältnis mit Arts
Sekretärin Beth (Heather Graham). Die beiden planen hinter Arts Rücken die
Gründung einer eigenen Galerie und hintertreiben sein Bemühen, dem alten
Rhinegold sein Bild zu entlocken. Bobs Frau Jean (Gillian Anderson) hat derweil ein entwürdigendes Verhältnis mit dem jungen Künstler Jo (Jack Huston), der eigentlich mit Beth schläft, aber neuerdings nur noch Augen für
Paige hat. Beth ihrerseits hat aber noch ganz eigene Pläne, unabhängig von Bob und Jo, und zwar mit der lesbischen Videokünstlerin Elaine (Jaime Winstone), die während des gesamten Films nur mit ihrer Videokamera unterwegs ist – ein Projekt, das ihr zum Durchbruch verhelfen soll.
Um auf dem rutschigen Parkett der Kunstszene zu reüssieren, müssen allerdings alle Eventualitäten berücksichtigt und mögliche Fallstricke aus dem Weg geräumt werden resp. Menschen über die Klinge springen. In diesem Fall betrifft das Elaines Wegbegleiter und Mentor Dewey (Alan Cumming), der schon von Art wie eine lästige Fliege abgeschmettert wurde. Er passe einfach nicht ins Bild, meint Beth lakonisch, und Elaine weiß, was zu tun ist.
Die Kaltschnäuzigkeit, mit der sie das tut, erinnert mich an Neil LaButes Film The Shape of Things (2003), eine äußerst brutale Geschichte über eine hübsche junge Kunststudentin (Rachel Weisz), die sich zum Erstaunen aller eines Nerds aus ihrer Schule annimmt.
Um auf dem rutschigen Parkett der Kunstszene zu reüssieren, müssen allerdings alle Eventualitäten berücksichtigt und mögliche Fallstricke aus dem Weg geräumt werden resp. Menschen über die Klinge springen. In diesem Fall betrifft das Elaines Wegbegleiter und Mentor Dewey (Alan Cumming), der schon von Art wie eine lästige Fliege abgeschmettert wurde. Er passe einfach nicht ins Bild, meint Beth lakonisch, und Elaine weiß, was zu tun ist.
Die Kaltschnäuzigkeit, mit der sie das tut, erinnert mich an Neil LaButes Film The Shape of Things (2003), eine äußerst brutale Geschichte über eine hübsche junge Kunststudentin (Rachel Weisz), die sich zum Erstaunen aller eines Nerds aus ihrer Schule annimmt.
Boogie-Woogie entwickelt von Beginn weg ein enormes
Tempo, das er bis zuletzt durchhält. Den Beteiligten macht es sichtlich Spaß,
die hintertriebenen Charaktere mit Leben zu füllen, und am Ende weiß man, was
es mit dem Anfang auf sich hat – ein klassischer Rahmen in einem absolut empfehlenswerten
Film.
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