Samstag, 3. Mai 2014

La Religieuse (Die Nonne, F/B/D 2013)



mit Pauline Étienne, Isabelle Huppert, Martina Gedeck etc. 

Die Unberufene

Vom Schicksal, unfreiwillig im Kloster leben zu müssen, erzählt dieser beeindruckende und schön gemachte Film aus Frankreich mit einer beeindruckenden Hauptdarstellerin. Er beruht auf einer Romanvorlage des Enzyklopädisten Denis Diderot. Die Bilder sind von einer Klarheit und Härte, die sich einem einprägen; sie entsprechen der schnörkellosen Dramatik, mit der dieses so unerhörte wie seinerzeit wohl nicht ungewöhnliche Schicksal erzählt wird.

Frankreich im 18. Jahrhundert. Ein junges Mädchen wird von seinen Eltern ins Kloster verfrachtet. Sie wehrt sich beharrlich und kann durchsetzen, dass sie wieder nach Hause darf. Wie sich herausstellt, ist sie ein Bastard, Frucht einer einmaligen Liebesnacht, vom Stiefvater bloß geduldet. Als die Halbschwestern teuer verheiratet werden, beschwört die so unglückliche wie ohnmächtige Mutter das Mädchen, ins Kloster zurückzukehren. Es ist für jemand wie sie der einzige sich bietende Ausweg, um einem Leben in Armut auszuweichen.




Das karge Leben im Kloster, der selbstauferlegte Verzicht, die erduldete oder zur Schau gestellte Frömmigkeit, all das umgibt sie und man kann an ihrer Mimik und Körpersprache ablesen, wie sie daran zu verdorren droht. Sie kann es nicht fassen. Fromm ist sie, und es ist genau diese Frömmigkeit, die ihr den Zwang unerträglich werden lässt. Denn sie fühlt sich nicht berufen für dieses Leben.

Innerhalb der niemals tröstenden, nur abweisenden Mauern gibt es eine gute Freundin und eine wohlmeinende Äbtissin. Dass allerdings auch die Hochleistungsadlaten der imitatio Christi nur Menschen aus Fleisch und Blut sind, darum geht es unter anderem im weiteren Verlauf der Geschichte, in der auch die immer wieder beängstigende Isabelle Huppert ihren Auftritt hat.




Die unberufene Unschuldige, die aus Frömmigkeit abschwört. Bleiben werden mir die kühle Atmosphäre, Pauline Etiennes Gesicht mit und ohne Nonnenhaube. Und der für die radikalen französischen Aufklärer des 18. Jahrhunderts typische Kontrast von einfacher Erzählweise und explosivem Inhalt, verpackt in eine zum Himmel schreiende Opfergeschichte, wie man sie auch bei Voltaire, Rousseau oder – mit umgekehrten Vorzeichen – bei de Sade findet.

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